Das war Wacken 2024: Metal-Party mit viel Licht und wenig Schatten

Nach dem herausfordernden Jahr 2023, das durch sintflutartige Regenfälle geprägt war, erlebte das Wacken Open Air 2024 eine triumphale Rückkehr zu alter Stärke. Einzig in Sachen Diversität auf den Sitterbühnen gibt es Potenzial nach oben.

Florian Dünser

FLORIAN DÜNSER

6. Aug. 2024

News
Dark Divas
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Es war das Wacken danach. Nach 2023, als sintflutartige Regenfälle dazu führten, dass nur rund zwei Drittel der Fans und Ticket-Besitzer*innen auf das Festival-Gelände kamen – ein bis dato einmaliges Worst-Case-Szenario für das traditionsreiche Metal-Festival. Entsprechend groß waren wohl die Sorgenfalten der Veranstalter mit Blick auf die Wettervorhersage. Rückblickend unbegründet – denn der Wettergott hatte dieses Jahr Erbarmen. Rain or shine? Das Wetter hätte in der vergangenen Woche wohl besser nicht sein können. 85.000 Menschen feierten bei besten Bedingungen – was nach dem schwierigen Wacken 2023 sowohl der Stimmung als auch den Rahmenbedingungen vor Ort sichtlich gut tat. Das Resümee von Veranstalter Thomas Jensen fiel entsprechend positiv aus: „Wir durften dieses Jahr mit den Fans ein sonnengeküsstes W:Omit unzähligen großartigen Konzerten erleben. Für uns ein rundum gelungenes Fest der weltweiten Metal-Familie, das wir nächstes Jahr natürlich übertreffen wollen.

Mehr Diversität auf den Sitterbühnen würde Wacken guttun

Ein ambitioniertes – aber nicht unmögliches Vorhaben. Denn während Wetter, Stimmung, Organisation und Rahmenprogramm diskussionslos Höchstnoten verdienen, gibt es in einem nicht unwesentlichen Punkt aus unserer Sicht Handlungsbedarf: Diversität im Line-Up – jedenfalls auf den beiden Hauptbühnen Faster und Harder. Wir sahen 2024 viele Bands mit alternden weißen Männern. Zu viele. Das ist nicht despektierlich gemeint, den großartigen Karrieren der Scorpions, Gene Simmons, Blind Guardian, Accept, Rage, KK Priest oder auch Testament gebührt viel Respekt. Nach wie vor haben Bands wie die genannten eine großartige Vorbildfunktion und ihren verdienten Platz auf den Festival-Bühnen dieser Welt. Nur: Sie sollten diese Plätze viel öfter auch mit Jüngeren, und allen voran Frauen, teilen müssen. Letztere werden tendenziell auf frühe Timeslots auf den Nebenbühnen „verbannt“.

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Warum das nicht optimal ist? Wir haben zwei gute Gründe:

  1. Wacken ist Tradition pur – der Zahn der Zeit nagt aber auch an diesem großartigen Festival. Metal hat sich in den vergangenen Jahren massiv weiterentwickelt. Das wird und muss nicht jedem Fan zwingend gefallen – aufhalten wird man diese Entwicklung aber trotzdem nicht. Die so stark zelebrierte Würdigung der Historie gehört zur Metal-DNA. Sie sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zeit auch vor unserer Lieblingsmusik keinen Halt macht. Die 1990er-Jahre waren kein glorreiches Jahrzehnt für den Metal. Wacken hat dieser Entwicklung ausgesprochen erfolgreich die Stirn geboten. Es ist aber nicht in Stein gemeißelt, dass das Rebellieren gegen gesellschaftliche Trends ein zweites Mal so erfolgreich funktioniert wie in den 1990er-Jahren.

  2. Wacken ist ein Leitfestival in der Metal-Szene – es ist eine, wenn nicht die größte Metal-Party der Welt. Und mit Größe kommt Verantwortung. Verantwortung, Dinge zu tun, die ggf. unpopulär – aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung notwendig, allen voran aber auch richtig sind. Das heißt? Lassen wir unsere alten musikalischen Helden hochleben – aber vergessen wir dabei nicht, neue zu schaffen. Eine charmante, einfach umzusetzende Option? Eine Wildcard für einen Hauptbühnen-Slot pro Tag – für eine Band, die es andernfalls „nur“ auf eine der kleineren Bühnen schaffen würde. Das tut weder Veranstaltern, noch „alten“ Fans weh. Und Gojira haben dieser Tage auf der größten Bühne der Welt – den Olympischen Spielen – bewiesen, was ein konzentriertes Scheinwerferlicht für die Karriere einer Band bewirken kann. Wacken hat die Größe und Kraft, innerhalb der Szene Ähnliches zu bewirken.

Abseits der Sitterbühnen kann man den Wacken-Machern mangelnde Vielfalt aber definitiv nicht vorwerfen. Das Team rund um Thomas Jensen und Holger Hübner legt sehr viel Wert auf Internationalität – heuer schaffte es sogar eine Band aus Saudi Arabien auf die Wacken-Bühne. Wow. Und auch die Metal Battles, in denen sich junge Nachwuchsbands miteinander matchen, sind legendär.

Vom Metal-Nachwuchs bis zur Rollator-Omi

Apropos Szene – die war in ihrer schier unendlich bunten Vielfalt auf dem Wacken vertreten: Vom fünfjährigen Nachwuchs-Metalhead bis zur 90-jährigen Rollator-Omi. Ein wunderschönes Schauspiel unterschiedlichster Charaktere und persönlicher Historien, die unter einem gemeinsamen Dach harmonisch vereint zusammenkamen: der Leidenschaft für die Musik. Und Leidenschaft gab es auch 2024 genug. Eines von vielen Highlights: Spiritbox. Die aufstrebende Modern Metal Band aus Vancouver war das erste Mal zu Gast auf dem Wacken Open Air. Ein Kindheitstraum von Frontfrau Courtney LaPlante ging in Erfüllung, wie sie dem Publikum verriet. Ein Kindheitstraum, der aber nicht ganz so aufging wie gewünscht. Obwohl die Band musikalisch grandios ablieferte, wollte der kanadische Funke nicht so richtig auf die Wacken-Audience überspringen. Das Publikum reagierte eher verhalten auf die Performance von Courtney & Band. Bereits nach 45 Minuten war Schluss – 15 Minuten früher als geplant. Warum, darüber lässt sich nur spekulieren. Mehrere Stimmen verrieten uns nach dem Konzert, dass sie die Musik zwar „geil“ fanden – Courtney auf der Bühne aber arrogant wirkte. Wer sich selbst ein Bild machen möchte: In zwei Wochen stehen Spiritbox auf dem Summer Breeze auf der Bühne. Dark Divas ist auch hier vor Ort.

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„Junge“ Bands beeindruckten

Kein Problem, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, hatten derweil April Art. Die Deutschen demonstrierten auf der kleinsten Wacken-Bühne, aber vor voller Hütte, warum sie eine der großen Nachwuchshoffnungen im deutschen Modern Metal sind. Mitreißende Songs, charismatische Band-Mitglieder und jede Menge Spielfreude haben es zum Augen- und Ohrenschmaus gemacht, den Hessen bei ihrem einstündigen Gig beizuwohnen. Was unter anderem auch auf Blackbriar zutrifft. Frontfrau Zora Cock legt ihren Auftritt etwas ruhiger an als ihre April-Art-Kollegin Lisa-Marie Watz, aber der sympathischen Niederländerin mangelt es nicht an Charisma und Bühnenpräsenz. Das überzeugte nicht nur Dark Divas, sondern allen voran die zahlreich erschienenen Fans vor der Wackinger Stage. Ausgesprochen positiv überraschten auch Future Palace und As Everything Unfolds. Die beiden jungen Bands gaben sich auf der Headbanger- bzw. W.E.T-Stage die Ehre – jeweils zu einem der frühestmöglichen Slots. Trotz der frühen Stunde (zumindest für ein Festival) ließen Maria Lessing (Future Palace) und Charlie Rolfe (As Everything Unfolds) keine Zweifel aufkommen, dass ihr erster Wacken-Auftritt nicht ihr letzter sein wird. Das galt auch für den tollen Gig der Ukrainer von Ignea.

Es waren Bands wie die eben genannten, die zeigten: man muss nicht bei jedem Song mitsingen können, um von einer Band emotional mitgerissen zu werden. Charisma, Spielfreude, Leidenschaft und allen voran natürlich musikalische Qualität sind bessere Live-Eigenschaften als jeder Millionen-Hit.

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Jennifer Haben als fixe Größe auf Wacken

Auf die drittgrößte Bühne – die Louder Stage – schafften es derweil Acts wie Ankor, Butcher Babies und die Cellistin Tina Guo. Während die mittlerweile zum Butcher Baby geschrumpfte Band rund um Heidi Shepherd die Bühne in gewohnter Manier abriss, wurden bei Tina Guo zum Teil sehr ruhige, fernöstliche Klänge angestimmt. Eine gelungene Abwechslung, die vom Publikum auch goutiert wurde. Tina Guo wurde beim Song „Warrior“ derweil von Jennifer Haben von Beyond the Black unterstützt. Jennifer gehört bei Wacken sprichwörtlich zum Inventar – und ist auch im Line-Up 2025 zu finden. Eine Bereicherung für Wacken! Apropos Beyond the Black: Deren Auftritt im legendären Landgasthof in Wacken sowie jener von Anneke van Giersbergen in der Metal-Church haben wir zu unserer Schande leider verpasst. Ebenso die Gigs von Xandria, Asagraum, Black Sabbitch, Brutus oder Crystal Viper.

Auch 2025 verspricht eine großartige Party zu werden

Lust auf Wacken bekommen? Wir können dir den Besuch dieser großartigen, friedlichen Metal-Party mit gutem Gewissen nur ans Herz legen. Und die ersten bestätigten Bands versprechen ein tolles Festival-Erlebnis 2025. Mit dabei sind unter anderem Within Temptation, Beyond the Black und Tarja. Tickets gibt es für 333,00 Euro im Vorverkauf hier zu erwerben.

Rain or Shine!

Hinweis: Bild-Impressionen von Wacken findest du hier.

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